
Umfang der Diagnostik bei Lese-Rechtschreibschwäche
Grundsätzlich führen wir eine auf den Einzelfall abgestimmte Untersuchung durch, die nach differenzial- und förderdiagnostischen Gesichtspunkten zusammengestellt ist. Sie umfasst neben der Einzeluntersuchung des Kindes die anamnestische Befragung der Eltern (bei Bedarf und Erlaubnis durch die Eltern auch die Befragung des zuständigen Lehrers).
Bestandteile unserer Diagnostik sind:
- Elternanamnese und persönliche Anamnese zur Einschätzung psychosozialer Risiken, zu körperlichen Begleit- oder Grunderkrankungen, zur vorschulischen und schulischen Entwicklung, zum Umgang mit der Lernstörung, zu sonstigen Lern- und Erziehungsproblemen
- pädagogische Leistungsdiagnostik zum Ausmaß des Leistungsversagens und die qualitative Statusanalyse des gestörten Erwerbs des Lese- und Schreibprozesses;
- psychologische Funktionsdiagnostik zur Überprüfung schriftsprachrelevanter Teilleistungen, der kognitiven Entwicklung, der Aufmerksamkeit und des Aktivitätsniveaus
- Persönlichkeitsdiagnostik und Verhaltensbeobachtung z.B. zur Ermittlung von Leistungs- und Schulangst, allgemeiner Angst, depressiven bzw. aggressiven Erlebens- und Verhaltensreaktionen
Wir prüfen individuell:
- das Entwicklungsniveau der Lesefertigkeit durch Leseproben bzw. standardisierte Verfahren
- den Entwicklungsstand der Schreibfertigkeit durch normierte Rechtschreibtests, durch Schuldiktate, Aufsätze und freie Schreibproben. Wir verwenden hierfür ein fehlertypologisches Verfahren *DoRA ® (Dortmunder Rechtschreibfehler-Analyse), das auf Basis einer linguistischen und phonetischen Analyse der Falschschreibungen das persönliche Profil von schriftsprachlichen Leistungen bzw. die Fehlerquellen von Fehlleistungen ermittelt. Wichtig ist hierbei, die altersabhängige Verlagerung des Fehlerprofils zu gewichten sowie dialektal begründete Fehler zu erkennen. Diese notwendig komplexe Auswertung liefert Einsichten darüber, welche Analyse und Kodierungsfertigkeiten bei der Aneignung der Schriftsprache eines Kindes noch nicht entwickelt sind. Die Aneignungsschwierigkeiten im Schrifterwerb können so detailliert erfasst und systematisiert werden
- die Schreibmotorik (Stifthaltung, Ausführung der Schreibbewegung)
- die Sprachwahrnehmung, i.e.S. die Fertigkeiten in der Lautanalyse und Synthese sowie in der Lautdifferenzierung; sodann Gedächtnis und Aufmerksamkeit für Lautfolgen
- die anamnestische Rekonstruktion des Verlaufs der Lernprobleme unter Einschluss der frühkindlichen Entwicklung im Bereich der Motorik, der Sprachentwicklung, der Seh- und Hörfähigkeit. Lese- und Rechtschreibprobleme haben ihre Wurzeln in der Regel bereits in den ersten beiden Schuljahren, wenn die Passung zwischen individuellem Entwicklungsstand und dem Lernangebot fehlt; die Einschätzung der kognitiven Fertigkeit mittels eines sprachfreien Intelligenztests und unter Beobachtung des Instruktionsverständnisses und des Arbeitsstils
- die Aufmerksamkeitsleistung und -spanne durch systematische Befragung mit strukturierten Interviews
Die Diagnostik der (Sekundär)-Symptomatik im Erleben und Verhalten findet durch Fremd- und Selbstbeurteilung sowie durch die Verhaltensbeobachtung unserer geschulten Therapeuten statt.
Die Ergebnisse der Untersuchung werden nach dem Diagnoseschlüssel der Weltgesundheitsorganisation, der „Internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10, Kapitel V, F)“, überprüft und verschlüsselt.
Unsere umfangreiche Einzeldiagnostik erkennt Stärken und Schwächen von betroffenen Kindern. Nur so ist eine individuelle Förderung des betroffenen Kindes möglich.